FoodHub München

Unser Mitglied Veronica zu Besuch in der Park Slope Food Coop in New York City

Ich hatte die Möglichkeit, während meines New York-Aufenthaltes im August die Park Slope Food Coop zu besuchen. Einige von Euch erinnern sich vielleicht an den Film, der – noch vor Eröffnung des FoodHub – den ersten Interessierten gezeigt wurde: über genau diese Kooperative, die es seit 1973 in Park Slope, Brooklyn, in New York gibt. Ich weiß noch, wie mich der Film damals geflasht und motiviert hat, mit in den FoodHub einzusteigen und die Idee zu unterstützen, noch bevor es den eigentlichen Supermarkt gab.

Joe Holtz, Gründer und CEO von der Park Slope Food Coop, hat sich Zeit genommen, uns zu begrüßen und uns herumzuführen, und uns dann noch ausführlicher zum Food Coop erzählt. Es war superspannend, eine Kooperative in dieser Größe zu erleben. Aktuell haben sie ca. 17.000 Mitglieder – in etwa so viel wie vor der Pandemie. Während Covid sank die Zahl auf 11.000. Überhaupt spielte Covid in Joes Erzählungen eine große Rolle, denn durch plötzliches Arbeitsverbot, Hygienemaßnahmen etc. war während der Pandemie nicht an einen normalen Betrieb zu denken, und die Kooperative kämpfte ums Überleben. 

Sie haben zwar Gelder auftreiben können, um weiterhin die Kosten zu decken und Gehälter zu zahlen. Es gibt dort ca. 80 Mitarbeiter, die fest angestellt sind, aber man spürt die Auswirkungen noch immer, zum Beispiel an der Abpackstation bei den losen Lebensmitteln: Diese werden nun zum Teil schon vorab verpackt, um hygienischer zu arbeiten, aber auch, um längere Aufenthalte in einem Gang zu vermeiden. So soll ein Einkauf sichergestellt werden, bei dem nicht zu viele Menschen dicht an dicht zusammenkommen.

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Apropos Aufenthalt: Wir durften während unseres Besuchs mit Joe den Laden und das Lager besichtigen (sehr eindrucksvoll!) und als Mitglieder einer anderen Kooperative mit Mitmachkonzept sogar zweimal für je eine Stunde dort einkaufen – wie bei einer Art Austauschprogramm. Wir bekamen im Member Office jeweils eine Genehmigung ausgestellt, mit der wir in den Supermarkt durften und beim Vorzeigen an der Kasse dann regulär bezahlen konnten.

Was also macht nun die Park Slope Food Coop aus und wo genau liegen die Unterschiede?
Als Erstes einmal sind sicherlich die Größe und das langjährige Bestehen zu erwähnen. Die Kooperative dort gibt es seit einem halben Jahrhundert, was eine laaange Zeit ist. In dieser Zeit hat sich eine Menge getan und entwickelt. Und allein die Mitgliederzahl und die Mitarbeiterzahl sind noch einmal ganz andere Dimensionen. Tatsächlich ist der Supermarkt selbst auch gewachsen und erstreckt sich heute über drei Gebäudeteile. Besonders groß ist er dennoch nicht, ich schätze, dass er etwa die doppelte Größe vom FoodHub hat. Was mir aufgefallen ist: dass der Platz dort jedoch sehr geschickt genutzt wird. Zum Beispiel durch Regale, die sehr hoch sind und oben überhängend auch noch Platz haben, um Dinge hängend zu präsentieren. Das ist toll für Extraware wie Socken, Taschen etc.

Die Auswahl ist unserem Supermarkt sehr ähnlich – so ist der Park Slope Food Coop ebenfalls ein Vollsortiment-Supermarkt, und man kann sich wirklich deutlich kostengünstiger als im regulären Supermarkt mit allen Dingen des alltäglichen Lebens eindecken. Zum Vergleich: Eine Packung Milch kostet in einem regulären Supermarkt in New York ca. happige 4,19 $, darauf kommen noch Steuern. Im Park Slope Food Coop haben wir ca. einen Dollar weniger gezahlt. Besonders in einer teuren Stadt wie New York wirklich ein Win! Der Aufschlag, den die Park Slope Food Coop pauschal berechnet, liegt aktuell bei 24 % (vor Covid war er bei 21 %, dann wurde er auf 25 % angehoben, und nun wieder leicht gesenkt).

Die Mitglieder dort arbeiten aktuell alle sechs Wochen in einer Schicht (2 Stunden, 45 Minuten), was den veränderten Öffnungszeiten geschuldet ist. Waren es früher einmal 100 Stunden die Woche, sind es aktuell nur noch 84 Stunden pro Woche: jeden Tag (einschließlich Sonntag) von 8 bis 20 Uhr.

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Natürlich gab es beim Obst und Gemüse noch mal ein leicht anderes Angebot als bei uns, einfach aufgrund der regionalen/nationalen Angebote. So gab es zum Beispiel tolle Honey Dew Melonen, eine Sorte, die ich aus Europa noch nicht kannte. Die Ware ist nicht ausschließlich biologisch und es gibt oft auch konventionelle neben Bioware, um den Mitgliedern die Auswahl zu geben. Dies spiegelt sich natürlich vor allem im Preis wider, aber die Unterschiede sind nicht allzu gravierend, und es wird dennoch immer sehr auf Qualität geachtet.

Ebenfalls wie bei uns gibt es frisch abgepackten Käse. Was ich dabei besonders liebevoll fand, waren die teils handgeschriebenen Schilder beim Käse, die jeweils die Sorten und Geschmäcker noch etwas erklärt haben.
Was mir ganz besonders ins Auge gestochen ist, waren die nicht immer voll gefüllten Regale, trotz vieler Mitarbeiter (egal ob festangestellt oder in der Mitgliederschicht). Es waren viele Mitarbeitende im Laden, aber sie kamen gar nicht hinterher, alles immer frisch aufzufüllen, weil es zum Teil schon wieder so schnell abverkauft wird. So wurde zum Beispiel morgens frischer Fisch geliefert, den wir bei unserer Tour durch den Laden gesehen haben. Nur eine Stunde später, beim Einkaufen, war die Hälfte bereits in Einkaufskörbe gewandert.

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Überhaupt das Lagersystem, das hat mich tief beeindruckt: Es gibt eine eigene Anfahrt dafür, wo die Sachen direkt über Aufzüge in den riesigen Lagerbereich im Keller kommen. Dieser ist sehr verwinkelt, und wären wir nicht mit Joe gewesen, hätten wir wohl so schnell nicht mehr herausgefunden. Auch hier unten war es voller Leute und wuselig. Ganz viele Helfer, die ausgepackt und verstaut haben, dann einige im Abpackbereich, der – anders als bei uns – relativ offen im Keller ist: kein extra Raum oder sehr viel sichtbare Hygienemaßnahmen, außer Schürzen, Kopfbedeckung etc.

Was richtig toll ist: eine Art Schienen/Rollensystem, das durch das ganz Lager läuft. Auf dieses Gestell kann man die schweren Kisten und Kartons packen und sie so leicht zu dem Ort bekommen, wo sie hin sollen, ohne sie tragen zu müssen. Sehr schlau durchdacht und cool umgesetzt. So lassen sich diese Module zum Teil auch in verschiedene Richtungen umbauen oder man kann Teile davon anheben um durchzugehen.

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Ebenfalls in der Größe der Laden- und Lagerfläche gibt es im ersten Stock einen Bereich für Mitarbeiterbüros: das Member Office, also  Mitgliederbüro, für alle Anliegen rund um die Mitgliedschaft (mit mehreren Tischen, die durchgehend besetzt sind) und zwei Räume für Meetings etc. Gerade im Member Office merkt man die Geschäftigkeit und die Größe – es ist halt doch ein riesiges Unternehmen, was da gewuppt wird. 

Verglichen damit fühlt sich der FoodHub herrlich familiär an, und sehr übersichtlich. Denn leider wahr: Je mehr ein Unternehmen wächst, desto mehr Abläufe gibt es, desto mehr Regeln etc. Nur um die Erlaubnis für einen zweiten Einkauf ausgestellt zu bekommen, haben wir vom Empfang bis zur Aushändigung mit vier oder fünf Personen gesprochen und ihnen unser Anliegen erklärt. Und dann wurden alle Daten erneut aufgenommen, obwohl wir diese bereits beim ersten Mal alle vorgezeigt hatten, wir mussten warten etc. Sehr viel Bürokratie, aber es machte mir den Eindruck, als sei diese sehr durchdacht und gut organisiert. Ist ja ebenfalls sehr wichtig.

Und wir waren in jedem Fall sehr dankbar und positiv überrascht, dass wir sogar in diesem Food Coop einkaufen durften. Und dann habe ich bei unserer Tour im Keller noch eine Gemeinsamkeit entdeckt und musste sehr schmunzeln: Auch dort hängen lauter beschriftete Klebebänderstreifen, doch nicht mit den Namen der Mitglieder, sondern mit verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, um so die Kisten im Lager leicht beschriften zu können. Hat sich gleich ein wenig wie im FoodHub angefühlt ☺️.

Fazit: Es war toll, mal dieses Vorbild für viele andere Food Coops wie La Louve oder eben den FoodHub zu sehen und einen Blick hinter die Kulissen werfen zu dürfen. Joe hat uns superviele Fakten mitgeteilt, leider konnte ich mir gar nicht alle merken, geschweige denn mitschreiben, aber es war sehr eindrucksvoll und vor allem bemerkenswert, dass sie es gut durch die Pandemie geschafft haben. Es wäre ein Jammer, wenn das das Ende der Genossenschaft bedeutet hätte. Und ein Glück, dass wir mit dem FoodHub nicht direkt davon betroffen waren, da wir erst später eröffnet haben, als das Gröbste bereits um war.

Ich kann jedem nur empfehlen: Wenn Ihr in eine andere Stadt reist, die eine Food Coop hat: Schaut vorbei, sagt Hallo. Wir haben uns zum Glück vorher angemeldet, so dass Joe dann auch Zeit für uns hatte und uns herzlich willkommen geheißen hat. Es ist so eine tolle Erfahrung, andere Systeme zu sehen, und dabei dann auch stolz zu sein, selbst Teil des FoodHubs zu sein.

Wenn ihr noch Fragen habt, oder mehr zu meinem Aufenthalt in New York und insbesondere zur Park Slope Food Coop wissen wollt, schreibt mich gerne an.

Veronica Schucan