FoodHub München

Martin Brunnhuber

FoodHub fragt nach: Direkterzeuger Martin Brunnhuber über die Bauernproteste

Seit dem 8. Januar sind die bundesweiten Proteste der Landwirte auf der Straße und spätestens damit in unserer Wahrnehmung angekommen. Entfacht durch die Rücknahme steuerlicher Vorteile bei Agrardiesel und der KFZ-Steuer, die inzwischen von der Regierung schon teilweise wieder kassiert wurde, zogen sich die Demonstrationen in Gestalt von langen Traktorschlangen durch den Januar. Martin Brunnhuber, Bio-Landwirt und FoodHub-Direkterzeuger der ersten Stunde, erklärt uns im Gespräch, warum er den Protesten auch kritisch gegenübersteht.

Frage: Martin, beteiligst du dich auch an den Traktor-Demos?

Martin: Zunächst möchte ich betonen, dass es in einer Demokratie selbstverständlich legitim ist, durch Protest auf Missstände hinzuweisen. Ich selbst mache aber nicht mit und bin übrigens auch nicht mehr Mitglied im Bauernverband. Meiner Meinung nach greift der Protest zu kurz. Meine Kritik ist grundsätzlicher d.h. zielt auf das gesamte System der heutigen Landwirtschaft mit ihren Subventionen und damit Abhängigkeiten ab.

Frage: Warum sind Subventionen überhaupt nötig?

Martin: Mit der schrittweisen Öffnung der Märkte und dem Aufbau der Europäischen Marktordnung, die bereits in den 50er Jahren begann, sind die Preise für Agrargüter immer tiefer gefallen. Diese wurden in der Folge durch eine immer stärker ausgeprägte Subventionierung aufgefangen, da zu viele Bauern in ihrer betrieblichen Existenz gefährdet waren.

Gleichzeitig entwickelten sich unter dem Druck von ‘wachse oder weiche’ große Agrarfabriken, die von zwischengeschalteten Großhändlern abhängig sind und sich vom Endkonsumenten entfernt haben. Ihre Erzeugnisse konkurrieren mit Produkten aus dem Ausland, die durch dort fehlende Auflagen wesentlich günstiger produziert werden können. Auch diese müssen subventioniert werden, um attraktiv zu bleiben. Der Verbraucher, der Lebensmittel so günstig wie möglich im Discounter kaufen möchte und wenig Wert auf Regionalität und Saisonalität legt, spielt hier übrigens auch eine wichtige Rolle.

Frage: Was wäre dein Lösungsvorschlag?

Martin: Meine Utopie wären Landwirtschaftsbetriebe, die wieder näher an den Endkonsumenten rücken und damit vom Zwischenhandel und dessen Preisdruck unabhängig werden. Der Abverkauf in eigenen Hofläden, die Direktvermarktung der Produkte durch benachbarte Gastronomiebetriebe, Kantinen etc. oder durch Supermärkte wie den FoodHub sind klimafreundliche, ressourcenschonende und sozialverträgliche Möglichkeiten sich aus der Abhängigkeit zu befreien. 

Frage: Was wünschst du deinen Kollegen, die momentan auf der Straße demonstrieren?

Martin: Ich wünsche meinen Berufskolleginnen und -kollegen, ganz gleich welcher Betriebsstruktur, dass sie ganz ernsthaft alle Alternativen durchdenken und so weit es möglich ist, aus dem bestehenden System aussteigen. Wichtig ist meiner Meinung nach, sich weg von einer kurzfristig gedachten wirtschaftlichen Erfolgsrechnung zu wenden, hin zu einem, in einer sich stark wandelnden Welt dauerhaft tragfähigem Modell, in dem vor allem an die Bedürfnisse der nächsten und übernächsten Generation gedacht wird. Ein Bauernhof ist aus meiner Sicht als Endlosmodell zu verstehen.

 

Bist Du neugierig auf Martin Brunnhuber und den Brunnhuberhof geworden? Du findest einen Artikel über ihn und seinen Hof auf unserer Webseite.