People & Pomodori before Profit – faire Tomaten von NoCap
Den wahren Preis für Billiglebensmittel zahlen nicht die Verbraucher:innen an der Supermarktkasse. Hergestellt werden diese Produkte (die gar nicht mehr Lebens-mittel genannt werden sollten) auf Kosten von Mensch und Natur, die für Anbau, Ernte und Verarbeitung ausgebeutet werden. Die Tomaten in der Dose, die es für 30 Cent beim Discounter gibt, stammen – auch wenn darauf „produziert in Italien“ steht – häufig aus China. Dort kommen bei ihrem Anbau Pflanzenschutzmittel im großen Stil zum Einsatz – viele davon in der EU verboten. Die Arbeitsbedingungen auf den Feldern und Fabriken sind knallhart, die Löhne erbärmlich und auf dem weiten Transportweg nach Europa wird klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre geblasen.
Bei Bio-Produkten muss immerhin auf der Verpackung angeben werden, ob Zutaten aus nicht EU-Landwirtschaft verarbeitet wurden. Für faire Arbeitsbedingungen sind jedoch auch Bio-Siegel noch lange kein Garant und prekäre Arbeitsbedingungen bis heute auch in der EU-Agrarwirtschaft an der Tagesordnung.
Yvan Sagnet musste dies als Erntehelfer auf den Tomatenplantagen Süditaliens am eigenen Leib erfahren. Er kam aus Kamerun mit einem Stipendium zum Studieren nach Italien und wurde dort zum erfolgreichen Aktivisten im Kampf gegen ein kriminelles System der Ausbeutung von Geflüchteten und Migrant:innen, an dem sich Mafia und Agrarunternehmen bereichern.
Aufstand gegen Ausbeutung
Skrupellose Vermittler – sogenannte Caporali – rekrutieren in Süditalien Tagelöhner für Landwirtschaftsbetriebe zur Tomatenernte aus den Ghettos, in denen Migrant:innen meist aus Afrika und Afghanistan in illegalen Baracken hausen müssen, karren sie auf Felder, wo sie bei sengender Hitze zu menschenunwürdigen Bedingungen und Löhnen schuften. Als rechtlose Arbeitssklaven sind sie dabei Willkür und Gewalt ausgeliefert. Selbst um ihre Hungerlöhne zwischen ein und drei Euro pro Stunde werden sie betrogen. Der Caporale behält die Hälfte der Tagesverdienste einer 12 bis 16 Stunden-Schicht für seine „Dienstleistungen“ wie Transport, Unterkunft und schlechte Verpflegung gleich ein.
Am 30. Juli 2011 sagte Sagnet diesem himmelschreienden Unrecht den Kampf an und mobilisierte 350 Mitarbeitende einer Tomatenfarm in Kampanien zu einem Streik. Ihre Anliegen und Forderungen fanden öffentliche Unterstützung und schließlich wurde durch den Protest erreicht, dass sich die Produzenten verpflichteten, ihre Erntehelfer:innen mit offiziellen Arbeitsverträgen formell anzustellen und dass die Politik Anti-Mafia-Gesetze auf den Weg brachte, die das Caporali-System der „Arbeitsvermittlung“ unter Lohneinbehaltung unter Strafe stellen.
Filmtipp: Das neue Evangelium
Der Schweizer Regisseur Milo Rauch hat dem Menschenrechtsaktivisten Yvan Sagnet ein cineastisches Denkmal gesetzt. In seiner absolut sehenswerten Passionsverfilmung „Das neue Evangelium„, in der Dokumentation und Fiktion gekonnt miteinander verwoben sind, wird Sagnet zum zeitgenössischen Christus. Die Unterdrückten und Marginalisierten, für deren Rechte er kämpft, sind die Geflüchteten und „Illegalen“ im heutigen Europa; aus ihren Reihen kommen seine Jünger.
Dem Engagement von Yvan Sagnet für Menschenwürde und weltwahrenden Gemüse- und Obstanbau verdankt sich die Initiative NoCap, die unter dem Motto „People before Profit“ faire Arbeitsbedingungen und Nachhaltigkeit für Produkte entlang der gesamten Nahrungsmittelkette – vom Anbau bis zum Supermarkt – garantiert.
Als solidarischer Supermarkt freuen wir uns ganz besonders, die Initiative NoCap unterstützen zu können und unseren Mitgliedern die fairen Tomatenprodukte von NoCap aus Italien, für die Mensch und Natur kein Leid zugefügt wurde, schon heute im Sortiment der Online-Einkaufsgemeinschaft (und sehr bald im Laden in Obergiesing) anzubieten.
Unser Rezept-Tipp für NoCap Kirschtomaten: vegane Focaccia mit Tomaten und Oliven.
Dirk Rühaak, 1. Mai 2021 ✊